Die Rückkehr zum Mittelerde-Tabletop hatte sich bereits angekündigt: Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums von „Die Gefährten“ im vergangenen Dezember bin ich von einer Nostalgiewelle erfasst worden. Um den alten Projekten auch gleich kräftig neues Leben einzuhauchen, habe ich mir die aktuelle Starterbox „Die Schlacht auf den Pelennor-Feldern“ gegönnt. Schauen wir uns einmal an, wie „Herr der Ringe“ sich im Jahr 2022 spielt.
Zunächst ein Blick zurück:
Als ich im Dezember meinen Pile of Potential sichtete, zeigten sich eine Menge Herr der Ringe-Miniaturen. Einige 2001-2005 bemalte Miniaturen wurden begutachtet. Manche wollte ich so belassen, manche neu bemalen. Viele, sehr viele Weitere fristen seit 20 Jahren allerdings ein klägliches Dasein als unbemalte Metallschätze in Kisten. Alle Plastikminiaturen hatte ich damals im Zuge der Hobbyaufgabe verkauft – davon habe ich gar nichts mehr.
Ich hatte die Heldenmodelle immer behalten wollen um sie eines Tages vielleicht doch noch zu bemalen. Die gewöhnlichen Truppenwaren mir nicht so wichtig und beanspruchten in ihren Gussrahmen auch recht viel Platz. Nun haben sich mit Saga: Ära der Magie und 7TV Fantasy gleich zwei schöne Möglichkeiten ergeben, um auch Herr der Ringe Miniaturen einzusetzen. Sei es in einem geschlossenen HdR Szenario oder als generische Miniaturen in einem generischen Fantasyszenario. Und wieso sollte Conan nicht auch auf „Orks“, „Ostlinge“ oder „Haradrim“ stoßen?
Das Mittelerde-Tabletop hatte ich damals sehr gerne gespielt. Es hieß noch „Herr der Ringe-Tabletop“ und bot kurzweilige und nicht zu taktische Action im Filmgewand. Zeitweise spielte ich es sogar lieber als Warhammer Fantasy. Es lag also nahe, sich endlich einmal die aktuellen Regeln anzuschauen, wenn ich mich ohnehin wieder mit den Miniaturen beschäftige.
Starterbox: Die Schlacht auf den Pelennor Feldern
Das einst immens populäre HdR-Tabletop fristete jahrelang ein Dasein auf dem Abstellgleis, was auch die Hobbit-Filme nicht mehr so richtig ändern konnten. Ungeachtet dessen gab es aber immer eine treue und aktive Turnierszene, die sich auch in Deutschland großer Loyalität erfreute. Möglicherweise war es der Support langjähriger Fans, der das System überhaupt am Leben hielt. Denn obwohl GW das Mittelerde Tabletop zum dritten Hauptsystem neben Warhammer Fantasy und Warhammer 40.000 erklärt hatte, war die Pflege zwischenzeitig eher spärlich und dürfte auch kaum neue Spieler angelockt haben.
Für viele kam es überraschend, als 2018 mit „Die Schlacht auf den Pelennor-Feldern“ eine völlig neue Starterbox erschien und gleichzeitig einige neue Miniaturen herauskamen. Bis heute hat dies nicht nachgelassen, auch wenn das System immer noch deutlich weniger unterstützt wird als die anderen Hauptsysteme und viele Neuheiten bei Forgeworld erscheinen. Eine gewisse Revitalisierung war also auszumachen. Meine vorsichtige Einschätzung ist dennoch, dass GW damit hauptsächlich alte Spieler bedient oder ehemalige Spieler zurückholt. Es gibt ja nicht wenige, die, wie ich, nach Jahren der Abstinenz wieder mit dem Hobby angefangen haben. Wir sind wahrscheinlich die Zielgruppe.
Auch wenn die Starterbox nun schon wieder ein paar Jahre auf dem Buckel hat, möchte ich sie hier vorstellen. Vielleicht finden sich unter meinen Leserinnen und Lesern ja noch mehr mögliche Rückkehrer?
Was ist in der Box?
Die Pelennor-Box ist prall gefüllt: Enthalten sind das aktuelle und vollständige Hardcover(!)-Regelbuch, 84 Plastikminiaturen, ein Begleitheft und einige Spieluntensilien wie Würfel, Maßstäbe und Pappmarker. Dass das vollwertige Regelbuch enthalten ist, ist eine schöne Überraschung. GW verpasst den Starterboxen üblicherweise abgespeckte Schnellstartregeln und verweist auf separat zu erwerbende Regelbücher – diese Zusatzinvestition entfällt nun.
Auch was die Miniaturen betrifft hat die Box es in sich: Die 84 Figuren teilen sich auf in:
- 1 König Theoden beritten
- 1 König Theoden zu Fuß
- 12 Reiter von Rohan
- 12 Krieger von Rohan
- 20 Krieger der Toten
- 1 Hexenkönig von Angmar/Nazgul auf Schatten
- 1 Mordor-Troll
- 36 Morannon-Orks
Die beiden Varianten von Theoden sind die einzigen Neuheiten, alle anderen Miniaturen sind zuvor bereits Erschienene. Das beeindruckende Modell des Ringgeists lässt sich wahlweise als Hexenkönig von Angmar oder als gewöhnlicher Ringgeist zusammenbauen und der Mordor-Troll bringt auch die bekannten Varianten inkl. der Kriegstrommeln mit.
Licht und Schatten
Thematisch ist die Box eine runde Sache. Viele Beteiligte an der Schlacht auf den Pelennor-Feldern sind enthalten enthalten. Weitere Helden kann man problemlos ergänzen und die Truppen aufstocken. So lässt sich die Schlacht gut nachspielen. Auch als Startpunkt für eine Mordor- oder Rohan-Armee dient die Auswahl, da sie jeweils einen attraktiven Grundstock bietet, der in beiden Armeen ohnehin vorhanden sein wird. Das macht die Box auch für Spieler interessant, die zu zweit einsteigen und sich den Inhalt teilen wollen.
Das Regelbuch fällt sehr positiv ins Gewicht und nicht zu vergessen ist der Preis. Aktuell kostet die Box 120€, bei vielen Händlern gibt es noch ordentlich Rabatt obendrauf. Das Regelbuch kostet einzeln 45€, der Ringgeist auf Schatten 50€, der Mordor-Troll 32,50€ und schon ist der Preis der Box überschritten. Tatsächlich ist Inhalt im Wert von mehr als 250€ enthalten. Das ist durchaus ein attraktives Angebot und für jeden interessant, der nicht bereits alles vorhanden hat.
Doch es ist nicht alles Gold: Es muss darauf hingewiesen werden, dass der allergrößte Teil der Miniaturen bereits viele Jahre auf dem Buckel hat. Vor allem die Rohirrim stammen allesamt aus dem Jahr 2002, als sie erstmalig erschienen. Sie sind zwar damals noch von den Perry-Brüdern modelliert worden, waren aber auch damals schon nicht der ganz große Wurf. „Neuere“ Einheiten wie die Krieger der Toten oder die Morannon-Orks sind besser, können heute aber trotzdem nur noch als Standard angesehen werden. Der neue Theoden zeigt deutlich, was möglich wäre: Klare, scharfe Details, ein toller Guss. In der Form wäre eine Überarbeitung der ganzen Range nötig – vier Jahre nach Erscheinen von „Die Schlacht auf den Pelennor-Feldern“ wird sich dieser Wunsch allerdings klar nicht mehr erfüllen.
Schade finde ich, dass Theoden sinnvollerweise mit der berittenen und der unberittenen Variante kommt, nicht aber der Ringgeist. Wird er von seinem Reittier getrennt (und das kommt im Spiel vor!), gibt es für ihn kein Modell. Zwingend wäre hier gleich der Zukauf nötig, sofern man nicht improvisieren möchte.
Und die Regeln?
Nun, ich hatte noch keine Gelegenheit die Regeln im Spiel zu testen und kenne die vorhergehende Version nicht. Generell scheinen die Mittelerde-Regeln aber sehr stabil geblieben zu sein. Vom Lesen her hat sich wenig gegenüber dem Spiel von 2003 getan, gleichwohl es natürlich Anpassungen gab. Wer das Spiel von früher kennt, wird meiner Einschätzung nach schnell wieder reinfinden. Einige (für mich neue Änderungen) gab es offenbar aber auch schon in der letzten Version des Spiels: Multiple Attakcken in Nahkämpfen etwa oder die Auwertung der magischen Kräfte. Neu hingegen ist die Verwendung von Pappmarkern (für GW tatsächlich unüblich), mit denen etwa zu Boden gegangene Modelle symbolisiert werden können. In früheren Editionen legte man die Miniaturen hin, was diese unter Umständen beschädigen kann.
Ganz generell ist das Mittelerde Tabletop ein unterhaltsames Spiel ohne zu viel taktische Tiefe geblieben. Es ist immer noch recht dynamisch und von (Würfel)Glück geprägt, das macht es aber auch leicht zugänglich und schnell zu erlernen. Mir hat das Spiel immer Spaß gemacht, da es eben unkomplizierte und unterhaltsame Spiele vor dem Herr der Ringe-Hintergrund ermöglichte.
Das Begleitheft enthält die Werte aller Einheiten aus der Box und vier Einstiegsszenarien, die wohl eine Art Turtorial sein sollen. Als Hilfe für diese Box ist das in Ordnung, für mehr Infos braucht man aber weiteres Material.
Fazit
Neueinsteigern und Wiedereinsteigern sei die „Die Schlacht auf den Pelennor-Feldern“-Box auf jeden Fall empfohlen. Man bekommt viel für sein Geld und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man einen Großteil ohnehin kaufen würde, wenn man anders in das Spiel einsteigt.
Wer allerdings weitere Einheiten oder Helden ergänzt, der muss zusätzlich bereits eines der Bücher „Armeen aus Herr der Ringe“ oder „Armeen aus dem Hobbit“ kaufen, da nur dort auch die entsprechenden Profile und Informationen enthalten sind. Dafür sind mit dem jeweiligen Ergänzungsbuch auch alle Optionen aus den Filmen abgedeckt und es kann wirklich losgehen.
Wie anfangs erwähnt hatte ich gar keine Plastikmodelle mehr. Trotz des Alters war daher der komplette Inhalt der Box für mich sinnvoll, da so meine bestehende Sammlung spieltauglich ergänzt wird. Den Anfang macht bei mir nun Mordor!