Für Fans von Batman und anderen DC Helden und Heldinnen gibt es mit dem Batman Miniature Game des spanischen Herstellers Knight Models eine spannende Gelegenheit, Abenteuer und zünftige Keilereien nachzuspielen. Auch Freunde von Tabletop Skirmishern mit taktischer Tiefe und ohne sonderlichen Superheldenbezug sollten einen Blick riskieren.
Derzeit feiert Knight Models das 10-jährige Jubiläum des Spiels. Einige Jahre Entwicklungen und so manche Änderungen hat es mittlerweile schon auf dem Buckel. Aktuell sind wir in der 3. Edition angelangt, die deutliche Änderungen gegenüber den beiden vorangegangenen Editionen mit sich brachte. Meines Erachtens haben alle Editionen ihre Stärken und Schwächen, unterm Strich ist die aktuelle aber eine gut spielbare, flüssige und unterhaltsame Version.
Offiziell gilt nur noch die aktuelle Edition, die derzeit in zwei unterschiedlichen Starterboxen erhältlich ist. Schön ist, dass das Regelbuch auf Englisch und Deutsch kostenlos auf der Knight Models Website verfügbar ist. Man kann sich also ohne weiteres einen Eindruck verschaffen oder mit diesem Regelbuch auch bereits spielen. In früheren Editionen gab es ausführlichere Print-Bücher, die im Moment wohl nicht mehr vorgesehen sind. Eine Warnung an dieser Stelle: Die deutsche Übersetzung war früher einmal sehr holprig und teils missverständlich. Ich habe mir die aktuelle Übersetzung nicht angesehen und kann sie nicht beurteilen, eventuell ist aber die englische Version (oder gleich die spanische) verlässlicher.
Auch weitere Spielmaterialien findet man auf der Website zum freien Download. Das ist vorbildlich!
Angenehm finde ich, dass Knight Models eine eigene BMG-App veröffentlicht haben. Man kann dort, ebenfalls kostenfrei, das Regelbuch und sämtliche Einheitenkarten (mit den Spielwerten) bequem auf dem Handy bedienen. Bei mir stürzt die App manchmal ab, davon abgesehen funktioniert sie überraschen gut. Ich habe eigentlich keine hohen Erwartungen an solche Apps, aber in dem Fall kann man sie tatsächlich sinnvoll als Spielhilfe einsetzen.
“The Batman” – Die Starterbox
Wie erwähnt, es sind zwei Starterboxen erhältlich, die inhaltlich kaum Unterschied machen. In erster Linie sind die Modelle völlig andere. Die Back to Gotham-Box, mit der die 3. Edition eingeläutet wurde, enthält an den Comics orientierte Miniaturen. Die recht neue The Batman-Box basiert auf dem jüngsten Batman-Film und enthält ausschließlich Miniaturen, die dem Film nachempfunden sind. Das ist letztlich Geschmackssache.
Ich hatte die Back to Gotham-Box noch nicht gekauft, da ich erst abwarten wollte, wie gut die Änderungen der 3. Edition angenommen werden. Als dann die “Filmbox” angekündigt wurde war klar, dass ich auf jeden Fall diese kaufen würde. Aus eigener Anschauung kenne ich daher nur diese Box.
Die Starterbox enthält zunächst mal alles, was man zum Spielen bzw. Starten braucht:
- Das Regelbuch (identisch mit dem .pdf oben)
- Pappschablonen und -marker
- Würfel
- Karten
- Miniaturen
Das einzige was man auf jeden Fall braucht um dieses Spiel irgendwie sinnvoll zu spielen können ist Gelände. Das Batman Miniature Game ist ein Skirmisher: Man spielt mit wenigen Figuren pro Seite und jede kann sich völlig selbstständig bewegen. Das Spiel ist darauf ausgelegt, dass man, wie in einem klassischen Batman-Setting, auf Straßen, in Häuserschluchten, auf Balkonen und Hausdächern spielt. Dafür gibt es tolles Papp-,MDF- oder Resingelände und man kann wirklich schöne Spieltische bauen, auf denen das Spiel nochmals mehr Spaß macht. Nichts davon ist allerdings in der Box. Für den schnellen Start kann man sich mit Improvisation behelfen: Schuhkartons oder andere Boxen als Hausersatz, andere Alltagsgegenstände als Sichtschutz. Beginner müssen ein wenig kreativ werden. Früher war übrigens Pappgelände in den Starterboxen bereits dabei, das hat sich leider geändert.
Die Miniaturen
Nun zum für viele spannendsten Teil, den Miniaturen. 17 Stück sind enthalten. Vorbesteller bekamen als 18. Figur noch den “exklusiven” “Drifter” dazu. Bei Knight Models ist es mit “exklusiv” allerdings immer so eine Sache. Offenbar gibt es den Drifter in so hoher Stückzahl, dass die Vorbestellerbox mit ihm völlig problemlos in diversen Shops immer noch verfügbar ist. Wer ihn haben möchte, sollte einfach mal ein paar der größeren deutschen Shops ansurfen (Stand August 2022). Ich habe ihn auch auf diesem Weg bekommen.
Die enthaltenen Miniaturen teilen sich auf in die Seite der Kriminellen und die der “Ordnungskräfte”. Konkret kommt die “gute” Seite mit:
Auf der gegnerischen Seite stehen:
Die Seiten sind ziemlich ausgeglichen was die Punkte betrifft. Natürlich fällt gleich die Frage auf, warum ausgerechnet der Riddler nicht enthalten ist. Die Antwort ist simpel: Der Riddler hat eine eigene Gang und hätte nicht zu den enthaltenen Miniaturen gepasst. Pinguin und Falcone teilen sich die kriminellen Schläger. Der Riddler hat aber eigene Gefolgsleute. Mittlerweile sind Riddler und seine Gang aber vorbestellbar.
Und die Qualität?
Tja, Knight Models und Miniaturenqualität, das ist ja immer so eine Sache. Früher waren alle Figuren aus Weißmetall, dann gab es eine Phase des sehr brüchigen Resins, heute setzt man auch auf das von vielen ungeliebte Thermoplastic. Dabei handelt es sich um eine Art weiches Resin, das Vor- und Nachteile hat. Zu den Vorteilen gehört, dass scharfe Güsse mit wenig Gussgraten und im Großen und Ganzen wenig Reinigungsaufwand möglich sind. Fehlgüsse sind meiner Beobachtung nach auch selten. Gerade diese Punkte gehörten in der Vergangenheit nicht zu Knight Models’ Stärken. Zudem ist das Material weich und flexibel. Bislang ist keine Miniatur dieses Materials mit abgebrochenen Teilen bei mir angekommen. Wer von Knight Models die Harry Potter-Box aus den Anfangstagen mit dem brüchigen Resin erlebt hat, der wird hier in Jubelgesang ausbrechen.
Ein großer Nachteil ist allerdings, dass dieses Thermoplastic wahnsinnig nervig zu säubern ist. Wenn man doch mal Gussnasen oder -grate hat, dann wird es fummelig. Mein Mittel der Wahl ist das Skalpell, das aber wirklich scharf sein muss. Hier ist ausgesprochene Vorsicht angezeigt, da man schnell Gefahr läuft, mehr wegzuschneiden als gewollt. Was man auf ebenen Flächen noch entfernen kann, wird spätestens bei Falten zur echten Herausforderung. Bei keinem anderen Material ist die Reinigung so nervig und unbefriedigend. An manchen Stellen muss ich mit Green Stuff wieder ran, weil ich unter großem Fluchen sichtbar zu viel weggeschnitten habe.
Bei anderen Herstellern würde die Wahl dieses Materials für mich stark negativ ins Gewicht fallen. Bei Knight Models steht unterm Strich trotzdem ein Plus. Wer die durchwachsene Qualitätskontrolle der älteren Miniaturen kennt, für den ist es ein reiner Segen, dass mit dieser Box bislang keinerlei Ausfälle geliefert werden. Keine fehlenden Teile, nichts abgebrochen, keine Fehlgüsse. Vom Reinigungsaufwand mal abgesehen, hat man hier tatsächlich “geliefert”.
Ein Wort noch zur Schwierigkeit des Zusammenbaus:
Der Hersteller richtet sich schon immer stark an Vitrinen- und Displaymaler. Es sind zwar Spielfiguren, aber dem Anspruch nach sollen sie für gehobene Bemalung herhalten. Das spiegelt sich vor allem im Knight Models-Trend, besondere Charaktere mit gigantischen Displaybases auszuliefern. Das treibt die Preise kräftig in die Höhe und ärgert all jene, die diese gar nicht wollen. In der aktuellen Box macht man davon erfrischend wenig Gebrauch. Die Bases der Charaktermodelle sind zwar gestaltet und teilweise komplex, es hält sich aber noch im Rahmen und dient in diesem Fall tatsächlich der atmostphärischeren Präsentation. Lediglich Falcone hat ein herausfordernderes Base mit lächerlich fitzeligen Kleinteilen.
Viele Miniaturen müssen allerdings zusammengebaut werden und das ist durchaus anspruchsvoll. So toll der berittene Polizist auch ist, ich habe einfach nicht geschafft, ihn ohne Green Stuff lückenlos zusammenzubauen. Batmans imposantes Cape besteht aus zwei Teilen. Man kann ein Teil weglassen und ihn auch so verwenden (auf Instagram schon so gesehen), das vollständige Cape ist für mich aber trotz ziemlicher Passgenauigkeit ebenfalls nur mit Green Stuff herzustellen. Dadurch richten sich die Figuren an erfahrene Miniaturenbauer – oder Dir ist das alles egal, dann geht’s natürlich auch irgendwie.
Trotz allem muss natürlich erwähnt werden, dass das Design erneut über jeden Zweifel erhaben ist. Die Miniaturen entsprechen perfekt ihren filmischen Vorbildern, sind auf Anhieb gut zu erkennen und warten mit interessanten Designs auf. Von den vorbereitenden Tätigkeiten abgesehen, erhält man hier wirklich wunderschöne Miniaturen, bei denen dem Filmfan das Herz aufgeht.
Das Spiel
Das Batman Miniature Game ist ein schneller Skirmisher, der in Zoll gemessen wird. Das Spielfeld ist 36×36 Zoll groß (ca 91x91cm). Im Spiel herrscht stets Nacht – Klar, Batman ist ja nicht tagsüber unterwegs. Das bedeutet, dass jedes Modell nur eine eingeschränkte Sicht von 12 Zoll hat. Dementsprechend spielt Licht eine wichtige Rolle: Seien es die auf dem Spielfeld verteilten Laternen, Taschenlampen oder andere Lichtquellen, in deren Umkreis alles gesehen werden kann.
Die Spielzüge sind unterteilt in vier Phasen:
1. Take the Lead: Jede Runde wird entschieden, wer zuerst zieht.
2. Raise the Plan: Im Verborgenen entscheidet jeder Spieler, welches Modell welche Aktion ausführt und verteilt Marker.
3. Execute the Plan: Die Aktionen werden ausgeführt.
4. Recount: Wunden lecken, aus dem KO wieder aufwachen, Staub abklopfen.
Spätestens nach vier Spielzügen ist das Spiel beendet. Der Sieger wird mittels Siegpunkten ermittelt. Man kann arg gebeutelt aus den Kämpfen hervorgehen und dennoch gewinnen. Dadurch können sich schön erzählerische Elemente ergeben, die das Spiel in eine Story einbetten und Kämpfe sogar zum Nebenschauplatz machen.
So viel zum groben Ablauf. Ich fasse die Regeln hier nicht weiter zusammen, da über obige Links jede und jeder Interessierte kostenfrei die Regeln selbst lesen kann – sie sind nicht besonders umfangreich. Daher will ich eher einen persönlichen Eindruck geben:
Was gefällt mir am Spiel?
Am Spiel mag ich, dass es seiner Vorlage gerecht wird. Wir reden hier von einem Superhelden-Spiel, in dem es in erster Linie um Kämpfe geht. Dem Batman-Setting entsprechend ist alles aber sehr geerdet und die Kämpfe fühlen sich halbwegs realistisch an. Das Spiel ist auf Dynamik ausgelegt, weshalb der Fokus der Regeln auf Bewegung und Kampf ausgelegt ist, ähnlich wie in “Street Wars NYC”. Es geht nicht um Stellungsspiel oder penible Simulation. Rennen, Klettern, Springen, Gegner bekämpfen. Mittels einiger Kniffe und Sonderregeln ist die Comic-Vorlage dennoch spürbar (Kämpfer können etwa über sich hinauswachsen um einen Angriff zu verstärken oder ihm besser zu widerstehen).
Ich empfinde das Spiel als ziemlich lässig. Es will keine ernsten Gefechte simulieren. Es schickt Batman und den Joker mit Gefolgsleuten in spaßige Handgemenge, die flüssig und schnell abgehandelt werden. Dass die Kernregeln nur 19 Seiten umfassen ist spürbar, trotzdem fehlt es nicht an Komplexität. Objective Cards und Mission Cards sorgen für ausreichend Zufallselemente und immer neue Wendungen. Auflockern kann man das ganze noch mit optionalen Event Cards.
Wahrscheinlich spielt niemand dieses Spiel wegen seiner taktischen Tiefe. Man spielt es, weil man Bock hat, mit diesen Figuren Gefechte auszutragen. Dann kommt man auf jeden Fall gut auf seine Kosten. Das Spiel macht Spaß, ist abwechslungsreich und lässt die geliebten Helden und Schurken aufeinandertreffen, wobei die jeweiligen Sonderregeln jede Menge Comic-Feeling ins Spiel bringen. Konkret die Starterbox The Batman bietet mit zwei Crews in vergleichbarer Stärke auch gleich den richtigen Einstieg. Von mir gibt’s beide Daumen hoch für diese gelungene Box!